Langsamer Aufschwung: Berliner Wirtschaft erholt sich allmählich

Text: O. K. / Letzte Aktualisierung: 19.08.2024

Berliner Wirtschaft erholt sich
Die Berliner Wirtschaft erholt sich langsam - Symbolbild: © wernerimages - stock.adobe. com

Covid-Pandemie, Ukraine-Krieg, Klimawandel, Inflation - die letzten Jahre stellten für die deutsche Wirtschaft eine große Herausforderung dar und sorgten - nicht ganz unberechtigt - für eine tiefe Krisenstimmung im gesamten Land. Diese scheint sich aber nun langsam wieder zu bessern. Insbesondere in der Bundeshauptstadt geben die jüngsten Entwicklungen Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Hier entstanden zuletzt so viele neue Jobs wie lange nicht mehr und auch die Investitionen der Unternehmen erreichten einen neuen Höchststand. In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf die positiven Signale der Wirtschaft in Berlin.

Überblick:

  • Viele neue Jobs und mehr Investitionen in Berlin
  • Wirtschaftliche Erholung: Große Unterschiede zwischen den Branchen
  • Maßnahmen, um Berliner Unternehmen zu unterstützen
  • Maßnahmen des Bundes: Wachstumschancengesetz
  • Fazit: Wirtschaft wächst, aber es bleibt viel zu tun

Viele neue Jobs und mehr Investition in Berlin

Die Wirtschaft in Berlin arbeitet sich aus der Krise. Ein sehr verlässliches Signal ist das Bruttoinlandsprodukt, das im bundesweiten Durchschnitt im letzten Jahr um 0,3 Prozent schrumpfte, in Berlin jedoch im gleichen Zeitraum um 1,0 Prozent anstieg. Auch wenn es nicht das erste Mal ist, dass sich die Berliner Wirtschaft im Vergleich zu den anderen Bundesländern positiver entwickelt, bezeichnete Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) diese Zahlen Anfang des Jahres - auch im Hinblick auf den Zuwachs an Arbeitsplätzen - als "sensationell". So entstanden 2023 rund 20.000 neue Jobs, was einem Plus von 1,6 Prozent entspricht. Laut Wirtschaftsförderer Stefan Franzke ist ein Großteil dieser neuen Jobs in der Informations- und Kommunikationstechnologie entstanden. Auch in den Bereichen Verkehr, Mobilität und Logistik sowie Energietechnik wurden viele neue Arbeitsplätze geschaffen.

Ein weiterer Hinweis auf die positive Entwicklung in Berlin ist die Höhe der Investitionen in Forschung und Entwicklung. Auch diese sind im letzten Jahr deutlich gestiegen, und zwar um 42 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 2023 investierten die Unternehmen aus der Hauptstadt mehr als 200 Millionen Euro und trugen so dazu bei, dass Berlin ein attraktiver Standort für Firmen und Forschungsprojekte bleibt. Ein Wermutstropfen ist die Startup-Szene. Hier floss 2023 deutlich weniger Geld von Investoren nach Berlin. Großer Mutmacher ist jedoch die KI-Branche. Viele führende Start-ups aus diesem boomenden Sektor sind in Berlin-Brandenburg beheimatet und ziehen aktuell die Aufmerksamkeit von Geldgebern auf sich.
Lesen Sie auch welche Vorteile und Nachteile der Wirtschaftsstandort Berlin für Unternehmen hat.

Viele neue Jobs in der Informationstechnologie in Berlin
Im Bereich Informationstechnologie sind viele neue Jobs in Berlin entstanden - Symbolbild: © Pixel-Shot - stock.adobe. com

Wirtschaftliche Erholung: Große Unterschiede zwischen den Branchen

Auch wenn der Trend der wirtschaftlichen Entwicklung in Berlin insgesamt positiv zu bewerten ist, gibt es dennoch große Unterschiede zwischen den verschiedenen Branchen. Die positive Entwicklung in der Hauptstadt ist vor allem den Dienstleistungsbranchen zu verdanken. Wie schon der Zuwachs auf dem Arbeitsmarkt gezeigt hat, konnte sich vor allem die Branche der Informations- und Kommunikationsdienstleistungen über eine sehr positive Entwicklung freuen: Sie legte im Durchschnitt um 6,2 Prozent zu. Auch die Tourismusbranche hat sich nach dem schmerzlichen Einbruch durch die weltweite Corona-Pandemie wieder ein Stück mehr erholt und erreichte 2023 wieder 87 Prozent der Übernachtungszahlen von 2019. Leichte Zunahmen konnten auch Industrie und Baugewerbe verzeichnen.

Demgegenüber haben es andere Branchen wie zum Beispiel der Einzelhandel und die Gastronomie nach wie vor schwer(er). Gerade in Berlin zeigen sich diese Probleme besonders deutlich: Traditionskaufhäuser wie das KaDeWe schließen immer mehr Abteilungen oder wie Galeries Lafayette gleich komplett, in vielen Straßenzügen reihen sich Leerstände aneinander. Und das hat viele Gründe: Zum einen sind es noch immer die Nachwirkungen der Pandemie, während der noch mehr Kunden auf den Online-Handel und Lieferdienste zurückgegriffen haben und auch nach der Aufhebung der Beschränkungen dabei geblieben sind. Die hohe Inflation, anhaltend hohe Energiepreise und steigende Mieten sowie der Fachkräftemangel tun ihr Übriges, um es diesen Branchen sehr schwer zu machen. Damit sie sich wirtschaftlich wieder erholen können, braucht es weiterer Entlastungen der Unternehmen in Berlin.

Maßnahmen, um Berliner Unternehmen zu unterstützen

Es gibt verschiedene Ansätze und Maßnahmen, um Unternehmen verschiedener Branchen in Berlin zu unterstützen, sodass sie wirtschaftlich erfolgreich(er) werden. Dazu muss zunächst die Stadt selbst attraktive Rahmenbedingungen bieten.

Gute Rahmenbedingungen

Zu den Rahmenbedingungen gehören vor allem bezahlbare Immobilien - nicht nur als Geschäftsräume, sondern auch als Wohnungen für Arbeitnehmer. Der Wohnungsmangel und die derzeit hohen und stetig steigenden Immobilienpreise in Berlin schrecken Unternehmen und potenzielle Beschäftigte gleichermaßen ab. (Lesen Sie dazu auch: Die Entwicklung der Mieten auf dem Berliner Wohnungsmarkt) Um als Wirtschaftsstandort attraktiver zu werden, sollte Berlin den Wohnungsbau noch stärker fördern, um ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Bei der Stadtentwicklung sind aber auch andere Aspekte wie kulturelle Angebote, gute Bildungseinrichtungen und die Sicherheit der Umgebungen zu berücksichtigen, um Fachkräfte und Unternehmen nach Berlin zu ziehen und zu halten.

Zur Verbesserung der Infrastruktur gehört auch eine Optimierung der Berliner Verkehrsinfrastruktur mit einem verbesserten öffentlichen Nahverkehr, einer besseren Erreichbarkeit von Unternehmen in Gewerbegebieten und Randbezirken und der Anbindung an andere Wirtschaftsstandorte. Grundsätzlich kann auch der Abbau von Bürokratie und eine effizientere Verwaltung, zum Beispiel durch mehr Digitalisierung und damit Beschleunigung von Verwaltungsprozessen Berlin wirtschaftsfreundlicher machen. Für einzelne Branchen können Förderprogramme implementiert werden, die Start-ups und Innovationen fördern und die Entwicklung neuer Ideen und Technologien vorantreiben. Tatsächlich gibt es in Berlin bereits einige Förderungen, die von Unternehmen in Anspruch genommen werden können.

Förderprogramme in Berlin

Bei den Wirtschaftsförderungsprogrammen in Berlin ist zwischen der Förderung für Unternehmen und Investoren, der Innovationsförderung, der Internationalisierung und der Förderung für Start-ups und junge Unternehmen zu unterscheiden. Dafür stehen den Interessenten viele Experten beratend zur Seite wie zum Beispiel die Berliner Wirtschaftsförderungsgesellschaft Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH (BPWT), die IHK Berlin und die KfW Bankengruppe. Einen ersten Überblick über die Fördermöglichkeiten und Finanzhilfen der EU, des Bundes und der Bundesländer liefert auch die Förderdatenbank des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe.

Der wichtigste Ansprechpartner für die Wirtschaftsförderung in der Hauptstadt ist die Investitionsbank Berlin. Sie fördert Berliner Unternehmen unter anderem bei der Forschung und Produktentwicklung bis hin zur Markteinführung. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen finden hier eine große Auswahl an verschiedenen Förderprogrammen von der Gründung über die Digitalisierung bis hin zur Auftragsvorfinanzierung. Die Förderungen werden für technologie-orientierte und nicht-technologie-orientierte Unternehmen angeboten, ebenso wie für Forschungseinrichtungen und Hochschulen.

Eine Besonderheit der Wirtschaftsförderung sind die sogenannten Berliner Cluster als Bestandteil der Innovationsstrategie in der Region Berlin-Brandenburg. Ziel dieser Strategie ist es, durch Förderung von Innovationen, die Wettbewerbsfähigkeit der Region zu stärken und vor Ort neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die Förderprogramme richten sich vor allem an die Informations- und Kommunikationstechnologie-Branche, die Gesundheitswirtschaft, die Energietechnik sowie Unternehmen aus dem Bereich Verkehr, Mobilität und Logistik.

Wachstumschancengesetz hilft Berliner Wirtschaft
Das Wachstumschancengesetz hilft auch der Berliner Wirtschaft z.B. mit steuerlichen Entlastungen - Symbolbild: © Moon Safari - stock.adobe. com

Maßnahmen des Bundes: Wachstumschancengesetz

Um das wirtschaftliche Wachstum zu fördern, hat die Bundesregierung im Frühjahr 2024 nach einem zähen Ringen das Wachstumschancengesetz auf den Weg gebracht. Das Gesetz trägt offiziell den Namen "Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness" und enthält eine Vielzahl von Maßnahmen. Diese betreffen zum einen die Förderung von Investitionen und Innovationen und zum anderen die Steuerzahlung. Betroffen ist hiervon zum Beispiel die Einkommensteuer. Hier gibt es unter anderem Änderungen bei

  • der Abschreibung
  • den Pauschbeträgen für betriebliche Ausgaben
  • beim Verlustabzug
Auch bei der Umsatzsteuer gibt es Änderungen, wie zum Beispiel
  • Entlastungen für Kleinunternehmer
  • Anhebung der Ist-Besteuerungsgrenze
  • die Pflicht zur Verwendung von elektronischen Rechnungen ab dem Jahr 2025
Außerdem wurde die Grenze für die Pflicht zur Buchführung angehoben und die Option zur Körperschaftsbesteuerung erweitert. Unternehmen können darüber hinaus zusätzliche steuerliche Maßnahmen zur Investitions- und Forschungsförderung in Anspruch nehmen.

Selbstverständlich profitieren auch Berliner Unternehmen von den steuerlichen Entlastungen, Investitionsanreizen und Maßnahmen zur Förderung von Innovation, die im Wachstumschancengesetz vorgesehen sind.

Fazit: Wirtschaft wächst, aber es bleibt viel zu tun

Nach den Krisenjahren befindet sich die Berliner Wirtschaft wieder auf einem guten Kurs. Besonders die zuletzt deutlich gestiegenen Investitionen und die vielen neu geschaffenen Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor machen Mut. Dennoch bleibt viel zu tun, um die Attraktivität der Hauptstadt als Wirtschaftsstandort weiter zu steigern. Eine Ausweitung der Förderprogramme und einer Verbesserung der Rahmenbedingungen, besonders im Bereich des Wohnungsbaus, sollten dabei ganz oben auf der Liste stehen. Denn bezahlbarer Wohnraum in Berlin ist knapp, jedoch enorm wichtig, um sowohl Fachkräfte als auch Unternehmen anzuziehen und langfristig in der Hauptstadt zu halten.

Weiterführende Informationen und Quellen:

Firmen in Berlin